Ich kann mich noch gut an meine erste Kamera erinnern, das war eine von Photo Porst. Da gab es sogar einen aufsteckbaren Blitz, der 4 mal feuern konnte, bis er kaputt war.
Ja, ich bin alt. Ich möchte jetzt keine weiteren Details über das Antiquariat verlieren. Also mich, nicht die Kamera.
Aber was ich auch noch weiß: die Kamera musste mit einer Filmkassette geladen werden, die noch weniger Fotos erlaubte als die Canon meines Vaters, die den klassischen Rollfilm aufnahm. Wir reden hier auch von Taschengeld, mit dem ich mir dieses hypermoderne Stück Technik geleistet hatte. Damit wird wahrscheinlich nachvollziehbar, dass ich vor jedem Drücken des Auslösers länger überlegt habe, ob ich das jetzt fotografieren soll, was vor das Porst-Plastik kam. Denn jedes neue Foto bedeutet dem Ende der Filmkassette ein Stück näher zu kommen.
Das ist heute vollkommen anders. Gut, selbst die größten SD-Karten haben ein Limit (das die Allermeisten so gut wie nie erreichen), doch was erstmal wie ein großer Vorteil zu besagter Filmkassette aussieht, wird zum Nachteil, wenn man sich sein Archiv auf der Festplatte einmal ansieht.
An dieser Stelle sei mir eine Frage an dich, liebe/r Leser/in, gestattet: wie viele der Fotos, die du machst, befinden sich dort, und NUR dort? Nicht dass du jetzt meinst, ich beklage die Bilderflut im Internet, die täglich schneller wächst als das Bankkonto von Bill Gates.
Nein, es geht mir um die Fotos, die wir Fotografen machen, und nie irgendjemand anderes sieht, als der Fotograf selbst, nämlich auf seiner Festplatte. Wo ist jetzt nochmals der Vorteil, dass eine Speicherkarte heute mehr Bilder aufnehmen kann als tausend Filmkassetten? Man stelle sich tausend aufeinander gestapelte Filmkassetten einmal vor, das wäre doch mal ein lohnendes Motiv.
Apropos Motiv: über dieses mache ich mir als Fotograf Gedanken, bevor ich den Auslöser betätige. Ich kümmere mich um Komposition, Bildaussage und Licht. Das unterscheidet mich vom Handyknipser, der vornehmlich sein unterbelichtetes Konterfei mit Tiktok Logo auf einem sozialen Netzwerk zeigen möchte. Von diesen Augen- und Geschmacksunfreundlichen Werken gibt es genügend zu sehen, seltsamerweise aber nicht die komponierten Arbeiten eines Fotografen. Ist euch schon mal aufgefallen, dass eure Fotomodelle recht wenig von den Ergebnissen eurer Fotoshootings auf besagten Netzwerken zeigen? Und: wie viel zeigt ihr eigentlich daraus? Oder woanders? Selbst auf Fotografen-Only-Plattformen zeigt sich dieses Phänomen.
Ein Satz, den ich beim Vorgespräch zu einem Shooting immer mehr höre: „meist kommen ja eh nur 1-2 Bilder vom Shooting online“. Das ist dann auch der Punkt, an dem ich das Shooting zur Zeit auch beim Vorgespräch belasse. Denn ich möchte nicht für die Festplatte arbeiten. Wir leben in Zeiten, in denen uns jeden Tag ein gefühlter Sternhaufen an Fotos präsentiert werden, jedoch sind kaum noch Sehenswerte dabei. Liegt das eventuell daran, dass wir zu oft „abdrücken“? Ich sage nein, denn es passiert nicht selten, dass ein Modell von mir 20 bearbeitete Fotos erhält, allesamt zeigenswert, allesamt sehr verschieden. Qualität statt Quantität ist also nicht das was ich beachtet werden sollte. Eines der Gründe, weshalb Modelle bei mir nach einem Shooting fragen, ist besagte Qualität. Und wie oft höre ich von den „Mädels“, dass ein Fotograf kaum Bilder herausgibt, und wenn, dann nicht die wirklich Zeigenswerten.
Wenn man sich jetzt überlegt, dass die Damen von vielleicht fünfzig Fotografen ebenfalls 20 Bilder bekommen würden, dann wären wir bei 1000 Fotos, die logischerweise unmöglich sind, allesamt zu zeigen.
Und damit schließt sich der Kreis und wird zum Teufelskreis. Ich habe hierfür keine Lösung. Vielleicht jemand meiner Leser?
An dieser Stelle schließe ich diesen Blogbeitrag mit einem Fragezeichen. Ich bin sicher, dass die meisten von Euch sich mit dem Thema ebenfalls beschäftigen, es aber dabei belassen, und das ist auch wirklich der einzige Ansatz, den ich zur Lösung habe: man macht seine Fotos eben WEIL man gerne Fotos macht.
Jedoch, ich behaupte es gibt kaum einen Fotografen, der seine Arbeiten doch gern öffentlich machen würde. Das Alles ist wie ein Gordischer Knoten, vielleicht gibt es einen Alexander unter euch, der sein Schwert, Verzeihung, seine Kamera kurz schwingen möchte?
Fotos für die Tonne: Die Erfahrung habe ich neulich auch zum ersten Mal gemacht. Von tausenden Bildern bei mehreren Events, aus denen final dutzende schöne Fotos entstanden sind, wurden letztlich nur einzelne statt Geschichten erzählende Reihen genutzt. Und von der übergeordneten Organisationseinheit, die die Bilder ebenfalls gratis und unmittelbar erhalten hatte, wurden sie gar nicht genutzt, nicht mal bei Social Media. Und die Bilder sind gut, es gab auch quasi keine Konkurrenz. Ein Geschenk auf dem Tablett für die Tonne. Tage an Arbeit. Wenigstens hat die Person sie genutzt, für die ich es primär gemacht hatte.